Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) sieht für Personal im Intensivtransport einen besonderen Kurs vor. Diesen habe ich am vergangenen Wochenende in Bielefeld besucht. Es war ein in mehrerer Hinsicht bemerkenswerter Kurs: Einerseits haben wir viele spannende Vorträge gehört und Demonstrationen gesehen sowie an Übungen und Simulationen teilgenommen. Andererseits wurde der Kurs von einem Suizidversuch auf der benachbarten Baustelle überschattet.
Teilnahme am Notfalltransportkurs der DIVI in Bielefeld
Teil 1: Entlastungspunktion vs. Thoraxdrainage
Eine stark invasive Maßnahme von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern ist die Entlastungspunktion bei einem Spannungspneumothorax. Dieser kann – kurz gesagt – bei unterschiedlichen Verletzungsmustern des Brustkorbs entstehen.
Dabei dringt Luft aus der Lunge in den Brustraum ein, kann aber aufgrund eines entstehenden Ventilmechanismus nicht mehr entweichen. Schließlich steigt der Druck immer weiter, die Lunge wird zusammengedrückt und das Atmen unmöglich. Es handelt sich dabei um einen lebensgefährlichen Mechanismus.
In der Ausbildung zum Notfallsanitäter kann diesem Mechanismus mit der sogenannten Entlastungspunktion entgegen gewirkt werden. Hierbei wird eine Kanüle mit einigem Abstand zum Brustbein zwischen zwei Rippen in den Brustkorb gestochen, damit die Luft entweichen kann.
Dass diese Methode so wenig Effekt hat, wurde mir vorher noch nie so anschaulich demonstriert wie in diesem Kurs.
Man sieht in dem Video, welches ich im Kurs aufgenommen habe, dass erst die Nutzung der deutlich breiteren Thoranxdrainage zum Erfolg führt. Daraus und aus den begleitenden Fachgesprächen konnte ich entnehmen, dass die Maßnahme der Entlastungspunktion kaum erfolgversprechend ist. Eine wichtige, wenn auch denkwürdige Erkenntnis.
Teil 2: Gedanken zu einem Suizidversuch [TRIGGERWARNUNG!]
In den Kursformaten der Notfallmedizin muss man auf alles gefasst sein. Oftmals sind viele unterschiedliche Szenarien zu bearbeiten. Daher lässt man sich meist auf die wildesten Geschichten ein.
Viele Kursteilnehmer hielten es daher auch entweder für eine Übung oder einen schlechten Scherz als jemand sagte, eine Person würde auf der benachbarten Baustelle auf einen Baukran steigen. Ich überzeugte mich umgehend, dass dies eine wirkliche Situation war.
Relativ schnell wurde zudem deutlich, dass diese Person nicht vollständig zurechnungsfähig war. Sie setzte ich oberhalb des Führerhäuschens auf Sprossen und hielt sich dort fest. Die Kursteilnehmer reagierten schnell, riefen den Notruf und bereiteten sich mit der vor Ort vorhandenen Ausrüstung auf den Absturz der Person vor.
Mich machte die Szenarie betroffen. Ich hoffte, die Person nicht fallen zu sehen. Feuerwehr und Polizei reagierten professionell und meiner Kenntnis nach traf die Person, als sie sich fallen ließ, das Sprungtuch, musste aber dennoch medizinisch umfassend versorgt werden.
Wer im Rettungswesen arbeitet, hat oft mit Selbstmord zu tun. Wie breit dieses Phänomen ist, zeigte mir auch eine Bachelorarbeit, die bei mir geschrieben wurde, zum Thema „Suizid im Kindes- und Jugendalter“. Darüber hinaus zeigen die Zahlen des Bundesamtes für Statistik, das sich täglich mehr als 25 Menschen in Deutschland das Leben nehmen (Quelle). Und: Die Zahlen sinken seit einigen Jahren nicht mehr, sie pendeln um 10.000 Selbsttötungen pro Jahr (Quelle).
Meiner Ansicht nach müssen wir uns dringend fragen, was dies über unsere Gesellschaft aussagt.
Zur Sicherheit habe ich folgende Information angefügt:
„Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 erreichbar. Es gibt auch die Möglichkeit einer E-Mail-Beratung oder eines Hilfe-Chats. Weitere Informationen finden Sie bei der telefonseelsorge.de.“
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