Das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) hat eine wichtige und – wie ich finde – richtige Entscheidung getroffen: Sirenen sollen fortan nur noch als Warnmittel für die Bevölkerung und nicht mehr zur Feuerwehralarmierung genutzt werden. Dies führt in den sozialen Medien jedoch teilweise zu emotionalen Diskussionen.
Sirenen: Nur noch Nutzung als Warnmittel in NRW
Meine erste akademische Ausbildung zum Kommunikationswissenschaftler lässt sich immer wieder mit Themen des Bevölkerungsschutzes verbinden – so auch (und vor allem) beim Thema Warnung.
Bereits zum bundesweiten Warntag im vergangenen Jahr hatte ich mich dazu positioniert, da viele verkürzte, ungeprüfte und falsche Vorstellungen zu diesen Phänomen vorherrschen. Und auch damals ist mir aufgefallen, dass vor allem ein Thema Emotionen weckt: Die Forderung nach einer Entkopplung von Bevölkerungswarnung und Feuerwehralarmierung.
Da unser System der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr ganz wesentlich auf den Freiwilligen Feuerwehren fußt, ist deren effektive Alarmierung in jedem Fall sicherzustellen. Da dies auch ohne Sirenenalarmierung möglich ist, zeigt sich allein durch die Tatsache, dass dies in sehr vielen Gebietskörperschaften umgesetzt ist. Das bedeutet, dass die „stille“ Alarmierung möglich ist und letztlich lediglich ein technisches oder organisatorisches Problem ist, das es zu überwinden gilt.
Hier eine Liste von Argumenten, die für eine Sirenenalarmierung der Feuerwehren vorgebracht werden:
- Ich habe meinen Melder nicht immer dabei.
Lösung: Es wird lokal geregelt, dass der Melder immer getragen werden muss.
- In der Tiefgarage löst mein Melder nicht aus, die Sirene höre ich aber.
Lösung: Wahrscheinlich hört man in der Tiefgarage eine Sirene auch nicht. Letztlich müssten für bestimmte Orte Signalverstärker angebracht werden.
- Bei einem Stromausfall kann ich nicht alarmiert werden. Eine Redundanz ist sehr wichtig.
Lösung: Eine Redundanz ist in der Tag wichtig. Diese kann aber auch teilweise über Mobilfunk und andere Technologie wie LoRaWan hergestellt werden. Insbesondere letztere ist sehr robust gegenüber Stromausfällen. Es existieren zudem Konzepte, bei Stromausfall direkt die Wache anzufahren, ohne dass es einer direkten Alarmierung bedarf.
Meist werden in den Argumentationslinien sehr verkürzte Szenarien vorgebracht. Das Argument lautet oft: Es muss doch der Bevölkerung möglichg sein, drei oder vier Signale auseinander zu halten. Hier befinden wir uns stark in einer normativen Situationsbeschreibung. Wie oft soll die Bevölkerung etwas tun oder lassen (und wäre auch dazu in der Lage), tu es aber nicht?
Außerdem ist die Argumentation dahingehend verkürzt, dass angenommen wird, dass das Sirenensignal von Anfang bis Ende vollständig vernommen wird. Was ist aber, wenn ich nur Teile des Signals höre? Wie soll ich dann entscheiden, welches Signal dies war?
Wiederholte Feuerwehralarmierung über Sirene führen zu einem Gewöhnungseffekt und sind Fehlalarmierungen gleichzusetzen. Dies kann fatale Folgen für den Ernstfall haben. Niemand käme auf die Idee, Feuerwehren über die Warnapp NINA zu alarmieren mit einer Nachricht, die alle erhalten.
Somit hat NRW vollkommen richtig festgelegt:
„Künftig werden die rund 6.000 Sirenen im Land ausschließlich als Warnmedium für die Bevölkerung dienen und nicht mehr zur Alarmierung der Einsatzkräfte genutzt. Damit soll es keine Verwechslungen von Sirenensignalen mehr geben.“
Letztlich haben die Feuerwehren in NRW selbst, diesen Vorschlag gemacht, weitgehend aus den oben präsentierten Gründen.
Ich würde abschließend sogar noch einen Schritt weiter gehen: Meiner Ansicht nach sollte es nur ein einziges Sirenensignal geben, auch die Entwarnung ist zu streichen. Diese ist zwar wichtig, aber weniger (zeit-)kritisch, so dass sie auch über andere Kommunikationskanäle erfolgen kann. In einem solchen System wüsste jeder: Wenn eine Sirene heult, ist das für mich relevant und ich muss handeln, z. B. weitere Informationen suchen oder mich schützen.
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